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Mongolei – Der Tsam Tanz

Mongolei: Geschichte

Die geheimnisumwitterte und gerade in unseren Breiten wohl ausgesprochen exotische Mongolei verzaubert auf vielfältige Weise. Angesiedelt zwischen Zentral-, Nord- und Ostasien, ist der uns so fremde Staat nach Kasachstan – flächenmäßig gesehen – das weltweit zweitgrößte Binnenland. Achtung: Diese Nation wird auch Äußere Mongolei genannt, da Verwechslungsgefahr mit dem in der Volksrepublik China beheimateten Autonomen Gebiet Innere Mongolei besteht.

Umgeben ist die Mongolei von nur zwei Nachbarländern: im Norden liegt Russland und China im Süden. Im Vergleich mit der Bundesrepublik ist dieses Fleckchen Erde viereinhalb Mal so groß und ausgesprochen dünn besiedelt. Gerade einmal 2,75 Millionen Bewohner zählt man. Das macht die Mongolei zum Land mit der weltweit geringsten Einwohnerdichte.

Dieser Umstand ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Klima und Bodenbeschaffenheit machen den Ackerbau ausgesprochen schwierig, daher herrscht die nomadische Viehwirtschaft vor. Da ein Drittel der Einwohner in der größten Metropole und Hauptstadt Ulaanbaatar lebt, bekommt man im ländlichen Raum recht wenig Menschen zu Gesicht. Diese Voraussetzungen haben direkten Einfluss auf den Alltag, aber auch Kunst und Kultur der Mongolen. Relativ unberührt von äußeren Umständen, haben sich viele Traditionen Jahrhunderte lang gehalten.

Seit das Gebiet besiedelt wurde, dominierte die nomadische Kultur. Reiche wie die Xiongnu oder die Xianbei wurden gegründet, und im Jahr 1206 schaffte es der legendäre Dschingis Khan, die eigenständigen und unterschiedlichen Völker im Mongolischen Reich zu vereinigen.
Zu dessen Hochzeiten reichte dieses größte zusammenhängende Herrschaftsgebiet der Geschichte bis nach Europa. Aber damit nicht genug: Die Mongolen erlangten auch die Herrschaft in China und etablierten hier die Yuan-Dynastie. Nach einigen Jahrhunderten wechselvoller Geschichte gelangte die Mongolei im 16. Jahrhundert unter den Einfluss des Buddhismus und wurde dann Großteils von der Qing-Dynastie beherrscht.
Die Unabhängigkeit erreicht das Land durch russische bzw. sowjetische Hilfe; im Jahr 1924 proklamierte man die Mongolische Volksrepublik als zweiten sozialistischen Staat der Geschichte.
Die darauffolgende Entwicklung orientierte sich in erster Linie an jener der Sowjetunion, und auch hier kam es 1989 zu einer historischen Wende, die 1992 zu einer neuen, demokratischen Verfassung und der Einführung der Marktwirtschaft führten. Dies ging nicht ohne Probleme vor sich, die bis heute andauern. So verzeichnet das Land zwar ein beträchtliches Wirtschaftswachstum, rund ein Drittel der Einwohner lebt aber in Armut.

Mongolische Musik und Mongolischer Tanz

Tradition wird in diesen einsamen Landstrichen durchaus auch in der Gegenwart großgeschrieben, gepflegt und geschätzt. Im Zentrum steht die Mongolische Pferdekopfgeige, das unbestritten wichtigste und identitätsstiftende Instrument. Daneben bestehen unzählige Blas-, Streich- und Schlaginstrumente, mit denen Jahrhunde alte Lieder gespielt werden. Diese drehen sich sehr oft um die Helden früherer, glorreicherer Zeiten. Aber auch die schlichten Melodien der Nomaden werden gerne dargeboten.

Für westliche Ohren nicht selten gewöhnungsbedürftig, charakterisieren zwei Besonderheiten den mongolischen Gesang. Einerseits gibt es den so genannten Obertongesang, bei dem es scheint, als verfüge der Sänger über zwei Stimmen gleichzeitig. Die wird durch eine spezielle Atemtechnik erreicht. Außerdem werden bei so genannten Urtyn duu (langes Lied) die einzelnen Silben ausgesprochen lang gezogen, was der Musik eine äußerst spirituelle und getragene Aura verleiht.

Der Tsam

Viele der traditionellen Volkstänze verschwanden während der Ausbreitung des Buddhismus, allerdings gibt es Ausnahmen. Gehalten haben sich etwa zeremonielle Tänze wie der Tsam. Dieses Tanzspiel wurde ursprünglich von Mönchen gepflegt, um wilde Gottheiten zu besänftigen.

Der Ursprung dürfte im Tibet des 13. Jahrhunderts zu finden sein. Aus dem Tibetischen übersetzt bedeutet Tsam schlicht Tanz. Kennzeichnend sind die bunten und fantasievollen Masken, die nach dem symbolischen Kampf zerstört werden. Daraufhin tritt ein weiser alter Mann auf – die Verkörperung des Erdgotts.

Das pantomimische Mysterienspiel reiht sich ein in die feierlichen buddhistischen Gottesdienste. Derartige Rituale haben in Tibet eine schier unendlich lange Tradition. Von Anbeginn an waren konkrete Zeiten bzw. Festtage für die Aufführungen vorgesehen, die sich aus Fruchtbarkeits- und Bannritualen entwickelten. Unter anderem kamen Tanzspiele beim Butterfest und mehreren Erinnerungsfesten zum Einsatz.

In der Mongolei hat der Tsam eine große Tradition und spielt eine wichtige Rolle, die allerdings nicht überall und zu allen Zeiten gleich bedeutend gewesen ist. Vor allem im indisch-buddhistischen Religions- und Kulturkreis hat sich der Tsam schon vor langer Zeit seine fixe Rolle erobert. So gut wie alle Lamaisten kennen den Tsam, besonders im Verbreitungsgebiet der Gelben Kirche.

Zentrum dieser kulturellen und spirituellen Tradition waren Klöster, in denen sich die buddhistische Kunst hoch entwickelte. Deren Zerstörung in den 1930er Jahren ging eine Hochblüte voran, die Meister in den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Architektur und nicht zuletzt Handwerker hervor brachte.

Mongolische Tsam-Spiele

Es existieren mehrere Mongolische Tsam-Spiele parallel. Der Milaraspa-Tsam, der sich auf Mongolisch Milaräba nennt, hat seinem Namen von dem tibetischen Eremiten Mila. Im Fokus steht das sagenumwobene Leben des legendären Dichters und Einsiedlers der sogenannten Roten Kirche. Dieser Tsam besteht aus Wechselreden für die Schauspieler, die in handgeschriebenen Textbüchern stehen. Eines der bedeutendsten davon nennt sich „Tanz des Donnerkeilbeschützers“.

Der Geser-Tsam hat seine Bezeichnung von dem gleichnamigen Kriegsgott, der gleichzeitig der Schutzpatron der mandschurischen Kaiserfamilie, Krieger und Herden war und auch als Sohn des Himmels bekannt ist. In Gesers Macht liegt das Jagdglück und die Vernichtung von Feinden und Dämonen.
Dieser Tanz war in erster Linie im Westen der Mongolei verbreitet sowie im Norden des Landes im Kloster des heiligen Chutuktu Ulaguksan und im Lehnkloster des Fürsten Dalai Tschoinchor-wan. Östlich wiederum fand man den traditionellen Tanz im Kloster des Fürsten Sansaraidordschi im Ost-Aimak, wo man über einen eigenen Geser-Tempel verfügte.

Das Dschagchar-Tsam – Erlik-Tsam gilt als der Tanz des Eisernen Palastes. Die zentrale Hauptfigur ist der Gesetzeskönig Erlik Nomun Khan, auch Tshoijoo oder Todesgott genannt.

Die Tsam-Instrumente

Neben den Masken und der unendlich langen Geschichte spielen auch Musik und Instrumente eine bedeutende Rolle. Beim traditionellen Tsam-Spiel stehen die Musiker in zwei Reihen hintereinander, wobei die Tschinellenschläger und Trommler in der ersten Reihe sitzen. Hinter ihnen stehen die Bläser, die beim Tsam den Ton angeben, und auch die Zimbelschläger.

Letztere beherrschen kleine Klangbecken, die auf Mongolisch Tsan genannt werden und wie kleine Messingdeckel ausschauen. In der Mitte sind Handgriffe in Knopfform angebracht. Wichtig für das große Ganze sind auch die Tschinellen, auf Mongolisch ebenfalls als Tsan bezeichnet. Die großen Klangbecken sind aus Glockenmetall gefertigt.

Ein für unsere Begriffe schauerliches Instrument ist die Gangling: Eine Flöte aus Menschenknochen, die bezüglich der Form an eine Oboe erinnert, wobei die Schallöffnung und das Mundstück aus Silber oder Gold bestehen. Die Gangling gilt nicht nur als Instrument, sondern auch als Kultgegenstand und wird aus humanen Oberschenkelknochen gefertigt. Die betreffenden Personen sollen dabei entweder aus einem sehr hohen oder sehr niederen Stand stammen, an einer ansteckenden Erkrankung gestorben oder auch ermordet worden sein. Aber es gibt auch die Ansicht, dass die allergrößte magische Wirkung dann erzielt wird, wenn die Gangling aus dem linken Oberschenkelknochen einer sechzehnjährigen Inderin hergestellt wurde, die der Priesterkaste angehört.

Eine mongolische Besonderheit sind die Denshig-Klangbecken aus Messing, die nirgendwo anders eingesetzt werden. Ihr Klang erinnert an Glöckchen, allerdings um einiges melodischer und weicher. Sie werden aufgrund des einzigartigen Klanges nicht selten im Rahmen von Gottesdiensten benutzt.
Eine bedeutende Rolle spielen auch die Pauken oder großen Trommeln namens Hengereg. Sie gelten als Hauptinstrumente des Orchesters und harmonieren mit den etwas kleineren, unterschiedlich gestimmten Damar Trommeln. Sie sind durch ihre ungewöhnliche Breite und die gebogenen Schlegel zu erkennen. Letztere ziert nicht selten der Kopf eines See- oder Meerelefanten.

Die typische Trompete beim Tsam nennt sich Tibetisches Langhorn bzw. Ikh buree. Der eindrucksvolle Klangkörper wir aus Kupfer gefertigt und kommt auf eine Länge von zwei bis fünf Metern. Zu erkennen sind diese Instrumente an einem ganz eigenen leicht unheimlich anmutenden Bass-Ton, der in der Regel ganz gemächlich ertönt und ausläuft.

Zu diesen Utensilien existiert eine hübsche Geschichte: Sie sollen Padmasambhava von indischen Freunden gewidmet worden sein, der das Brüllen der himmlischen Elefanten vermisste, als er in Odijana zu Besuch war.
Die weiße Muschel Lavai oder Tsagaan buree gilt als rares Glückssymbol mit Windungen von links nach rechts. Verlaufen. Gespielt bzw. mit mit einem Mundstück aus Messing. Buddha höchstpersönlich soll dieses Instrument dem Drachenkönig als Geschenk verehrt haben.

Die aus Kupfer hergestellte Bishgüür hingegen ist eine mit zahllosen Ornamenten geschmückte Trompete.

Die Masken, Maskenkostüme und Maskenkleider

Zu den Besonderheiten zählen die überdimensionalen Masken der Gottheiten, die über den Kopf gezogen werden und das gesamte Gesicht verdecken. Im Falle, dass Menschen dargestellt werden sollen, haben die Masken Lebensgröße. Gefertigt werden die Utensilien in erster Linie entweder aus Pappmaschee oder alternativ dünnem, getriebenes Kupferblech. Allerdings kommen je nach Umfeld und Witterung auch andere Materialien zum Einsatz: Wo genügend Holz vorhanden ist wie etwa in Bhutan oder Sikkim, wird auch aus hartem Holz geschnitzt; die Tuwiner wiederum stellen Masken aus Leder her. Nicht selten kommt neben den meist bunt bemalten Masken darüber hinaus eine Yakschwanz-Perücke zum Einsatz.

Zu den zentralen Figuren zählt der Der Weiße Alte, ursprünglich Ahnherr der Geschlechterverbände und Hüter der Herden und Spender der Ernte. Er ist in diversen Gegenden Asiens verbreitet und zugleich ein Gott der Fruchtbarkeit und Symbol für ein langes Leben. Ihm kommt im Rahmen des Tsam die Rolle eines Clowns zu, der ähnlich wie der europäische Nikolaus Süßigkeiten verschenkt.

Die Maskenkostüme sind ausgesprochen bunt und farbenfroh und werden mit zahlreichen Ornamenten bestickt und verziert. Jene Kostüme, die zu den Göttermasken gehören, stellen die Mongolen aus weit wertvolleren und kostbareren Stoffen her als die übrigen. In den meisten Fällen kommen Atlas- oder Brokatseide zum Einsatz. In den anderen Fällen begnügt man sich hingegen mit Wolle oder Baumwolle.

Die Maskenkleider sind seltsam geschnitten, mit spitzen Ärmeln und riesigen Kragen. Modig genannte Schulterumhänge und breite Schürzen mit religiösen Symbolen (Dodig) runden die Ausstattung ab.

Wer je die Möglichkeit hat, einem derartigen Spektakel beizuwohnen, sollte diese Gelegenheit unbedingt nutzen. Der Tsam führt das Publikum in eine fremde und zugleich verzaubernde und einzigartige Welt – ein Schauspiel mit Tiefgang, das man nie vergessen wird.